Zerreißprobe: Wie Tim Cook China und Trump begegnet

Geschrieben von Fabian Schwarzenbach

Tim Cook ist seit 14 Jahren CEO von Apple und aktuell unter Beschuss wie nie. Das späte Erscheinen von Apple Intelligence und die vermeintlich enteilte Konkurrenz in puncto Künstliche Intelligenz gehen auf seine Rechnung. In einem anderen Punkt beweist Cook im Moment allerdings seine einzigartigen Qualitäten als CEO. Es geht um ein in doppelter Hinsicht belastetes Verhältnis Apples zur Weltpolitik.

Tim Cook war der richtige Nachfolger für Steve Jobs

Als im Jahr Apples Erfolgsmacher Steve Jobs im Jahr 2011 nach langer Erkrankung starb, konnte noch niemand ahnen, dass sich anderthalb Jahrzehnte später die bisherige Weltordnung grundlegend zu ändert werden scheint. Als Nachfolger erwarteten Insider einen mindestens ebenso revolutionären Visionär, auch wenn Jobs Fußstapfen groß waren. Mit Tim Cook folgte allerdings ein CEO, der bestens mit Apples Angelegenheiten vertraut war und seine Stärken aktuell bestens ausspielen kann.

Tim Cooks Rolle vor seiner Zeit als CEO

1998 wurde Cook Vizepräsident des operationalen Geschäfts, 2022 folgte der Aufstieg zum ausführenden Vizepräsidenten für weltweite Verkäufe. In dieser Funktion knüpfte er zu Beginn des Jahrhunderts enge Partnerschaften mit Zulieferern, welche Apples Erfolg maßgeblich mitgestalteten. Viele davon waren und sind in China ansässig, um der iPhone-Fertiger Foxconn herum entstand beispielsweise eine eigene Stadt. Die günstige und zuverlässige Produktion von iPhones wurde zur Grundlage des phänomenalen Durchbruchs, den das Smartphone im Jahr 2007 hinlegte. Etwa zur gleichen Zeit revolutionierte Apple das MacBook, seine Macs und 2010 auch den Tablet-Markt mit Einführung des ersten iPads. Nach dem Tod von Steve Job ein Jahr später benötigte es keinen weiteren Revoluter, sondern einen besonnen CEO, der Apple Marktmacht verteidigen kann.

Wirtschaftlicher Erfolg gibt Cook Recht

Tim Cook hat das geschafft. Seit seinem Amtsantritt steigerte er den Börsenwert Apples um den Faktor 25. Er führt neue Produkte wie die Apple Watch oder die AirPods ein, welche schnell zu Bestsellern in ihren Bereichen wurden. Eine Ausnahme bildet dabei die Vision Pro, welche ein gutes Jahr nach Marktstart weiterhin einen schweren Stand hat.

Aktuell sehen sich Cook und Apple allerdings einem Problem gegenüber, welches wohl viele andere CEOs ins Straucheln bringen würden. Auf der einen Seite muss Apple seiner China-Abhängigkeit gerecht werden und seinen zweitgrößten (China landet auf Platz 3, wenn man die EU als eigenen Markt sieht) Absatzmarkt zufriedenstellen. Auf der anderen Seite ist Donald Trump soeben in seine nächste Amtszeit als Präsident der USA gestartet und fordert im Rahmen seiner protektionistischen Handelspolitik ein Heimkehren der US-amerikanischen Firmen. Unter anderem soll Apple seine „verdammten Computer“ in den USA fertigen, anstatt im fernen Osten zu deutlich wirtschaftlicheren Bedingungen.

Die Welt im Wandel: Das schwierige Verhältnis zwischen China und den USA

Zur besseren Einordnung: Das chinesische TikTok steht in den USA einer unsicheren Zukunft gegenüber, Huawei wurde vor Jahren vom US-Markt verbannt. Zudem setzen chinesische Kunden beispielsweise bei der Elektromobilität vermehrt auf heimische Produkte und auch Europa will sich politisch 2025 abhängig von den USA machen. Es zeichnet sich also ab, dass die Neuordnung der Weltpolitik durch das Auftreten Trumps weltweit zu regionalerem Denken führt. In diesem neuen Umfeld schafft es Apple dennoch, allen gerecht zu werden.

Wie Tim Cook Trump und China schmeichelt

Das liegt vor allem an Cooks Fähigkeit besonnen aufzutreten und jedem Geschäftspartner frei nach dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ zu schmeicheln. Während Mark Zuckerberg, Elon Musk und Jeff Bezos sich mit ihren Firmen Meta, Tesla und Amazon an Trumps Hals werfen, tritt Apple sehr moderat auf. In einer Pressemeldung aus dem Februar 2025 teilt das Unternehmen mit, Arbeitskräfte in den USA zu suchen, Fertigungen in den Heimatmarkt zu verschieben und Zulieferer zu unterstützen, die in den USA breit machen. Dass es sich bei den gesuchten Mitarbeitern aber um bereits vorher in den USA ausgeschriebene Stellen und bei der Fertigung etwa des Mac Pro in Texas um einen verschwindend geringen Anteil von Apples Hardware handelt, bleibt genauso unerwähnt wie die Tatsache, dass TSMC schon immer im Apple-Auftrag Chips baut. Das wirtschaftliche Risiko lag in diesem Fall bei dem Taiwanesischen Fertiger, nicht etwa bei Apple.

In China dagegen passt man sich dortigen App Store-Regeln an und wird dafür von der chinesischen Regierung schonend behandelt. Das liegt unter anderem daran, dass das Unternehmen tausende Arbeitsplätze in China unterhält. Man muss es moralisch nicht korrekt finden, um anzuerkennen, dass Apple hier einen weltpolitischen Spagat ausführt und wirtschaftliche Konsequenzen abschwächt.

Fazit

Tim Cook hat bewiesen, warum der richtige Nachfolger von Steve Jobs ist und war. Der wirtschaftliche Erfolg gibt im Recht. In naher Zukunft muss er sich aber am Erfolg von Apple Intelligence messen lassen und den schleichenden Abzug aus China erfolgreich managen. Es ist kein Geheimnis, dass Apple seine Produktion nach Indien und Taiwan verlagert, aber dort bei weitem noch nicht genug produziert, um sich aus China zurückzuziehen. Es ist davon auszugehen, dass sich Cook erst zurückzieht, sobald sich dieser Prozess erfolgreich abgeschlossen ist. Dann könnte erneut die Zeit für einen kreativen Visionär sein, der auf Cooks wirtschaftlicher Grundlage aufbaut und iPhone, iPad und Co in ein neues Zeitalter transferiert.

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